Steuern null, Rente trotzdem gekürzt? Genau darum ging es in einem Fall vor dem Bundessozialgericht (BSG). Eine Witwe musste am Ende 12.600 € erstatten – weil Verlustvorträge das Einkommen bei der Anrechnung auf die Witwenrente nicht mindern. Entscheidend ist, was aktuell wirklich an Einkommen zur Verfügung steht.
Der Fall
Die Frau bekam seit den 1990ern große Witwenrente. Parallel betrieb sie ein Schaustellergewerbe. Nach einigen Verlustjahren lief es wieder besser – sie machte Gewinne. Steuerlich war das aber nicht sichtbar: Das Finanzamt setzte die Steuer oft auf null, weil noch hohe Verluste aus früheren Jahren verrechnet wurden.
Die Deutsche Rentenversicherung sah sich jedoch die tatsächlichen Gewinne an und rechnete diese auf die Witwenrente an. Ergebnis: eine Rückforderung von 12.602,70 €. Die Witwe klagte – und scheiterte durch alle Instanzen bis zum Bundessozialgericht.
„Witwen- und Witwerrenten ersetzen den wegfallenden Unterhalt – maßgeblich ist das tatsächlich verfügbare Monatseinkommen.“ (B 5 R 3/23 R)
Warum die Verluste nicht anerkannt wurden
Das Gericht erklärte: Für die Rente ist entscheidend, welches Einkommen aktuell wirklich vorhanden ist. Alte Verluste aus früheren Jahren sind dagegen nur ein steuerliches Instrument (Verlustvortrag). Sie mindern zwar die Steuerlast, verringern aber nicht das Geld, das im jeweiligen Monat tatsächlich zur Verfügung steht. Oder einfacher gesagt:
- Finanzamt: darf frühere Verluste mit späteren Gewinnen verrechnen → Steuer sinkt.
- Rentenversicherung: interessiert nur das Einkommen im jeweiligen Monat → Verlustvorträge spielen keine Rolle.
Weil die Witwe im fraglichen Zeitraum reale Gewinne hatte, wurden diese als Einkommen auf die Rente angerechnet.
Was bedeutet das für Hinterbliebene?
Das Urteil zeigt: Wer neben der Witwen- oder Witwerrente noch Einkommen hat – ob aus Selbstständigkeit, Vermietung oder Arbeit – muss sehr genau darauf achten, was er der Rentenversicherung meldet.
- Steuer und Rente sind zwei Welten. Was steuerlich auf null gesetzt wird, kann bei der Rente trotzdem voll zählen.
- Rückforderungen sind möglich. Stellt die DRV nachträglich fest, dass zu viel Rente gezahlt wurde, kann sie Beträge auch Jahre später zurückfordern.
- Einkommen schwankt? Bei Selbstständigen kann es sinnvoll sein, die aktuellen Monatswerte prüfen zu lassen, statt sich nur am Vorjahr zu orientieren.
Freibetrag für die Witwenrente 2025
- Grundfreibetrag (seit 1. Juli 2025): 1.076,86 € monatlich.
- Erhöhung je waisenrentenberechtigtem Kind: 228,42 €.
- Monatsbezogene Prüfung: Nur Einkommen über dem Freibetrag zählt – davon werden 40 % angerechnet.
Beispielrechnung
Eine Witwe erhält 550 € Hinterbliebenenrente und hat 1.300 € Nettoeinkommen im Monat.
- Einkommen über Freibetrag: 223,14 €
- 40 % davon werden angerechnet: 89,26 €
- Ausgezahlt werden noch 460,74 €.
Genau nach diesem Muster wird auch bei anderen Einkünften gerechnet.
Fazit
Alte Steuerverluste können die Steuerlast senken – bei der Witwenrente helfen sie nicht. Wer Einkünfte hat, sollte sich rechtzeitig beraten lassen, um böse Überraschungen mit Rückforderungen zu vermeiden.
